Derzeit fliessen aus dem Gotthard-Basistunnel in Erstfeld pro Sekunde rund 260 Liter frisches Wasser ab. Ein Teil dieses Wassers fehlt der Gemeinde Silenen für die Trinkwasserversorgung ihrer Bevölkerung (das «Urner Wochenblatt» hat darüber berichtet). Obwohl die verursachende AlpTransit Gotthard AG - zusammen mit der Gemeinde - sofort eine Notversorgung erstellt hatte, sorgen sich viele Silenerinnen und Silener um die Zukunft ihrer Wasserversorgung. Der zuständige Silener Gemeinderat, Daniel Müller, kann denn ein gewisses Unbehagen auch verstehen - insbesondere da einige Genossenschaften in der Vergangenheit noch in ihre Anlagen investiert haben. Gleichzeitig beruhigt er aber die Bevölkerung: «Mit der AlpTransit Gotthard AG haben wir einen sehr fairen Verhandlungspartner am Tisch.»
Altes Projekt wieder im GesprächGemeinderat Daniel Müller ist sich aber bewusst, dass Silenen für die Zukunft wieder eine sichere Wasserversorgung braucht. «Die derzeitige Einspeisung von Amsteg her ist bloss als Notmassnahme zu verstehen.» Zumal ein Teil des Wassers aus der Quelle des ehemaligen Zeughauses Amsteg stammt. «Je nachdem was für Gewerbebetriebe dort künftig einziehen werden, brauchen die das Wasser allenfalls wieder für sich selber», erklärt Daniel Müller. Auch für die Entwicklung als attraktive Wohngemeinde braucht Silenen zwingend eine genügend ergiebige Wasserversorgung. Zwar hat es in der Dorfschaft Buchholz-Schützen einen bereits erschlossenen Grundwassersee als Notreserve. Weil von dort jedoch aufwendig in die verschiedenen Dorfschaften gepumpt werden müsste, wollen die Gemeindeverantwortlichen dieses Grundwasser nur in ausgewiesenen Notsituationen nutzen. Aus Gründen der Versorgungssicherheit möchte der Gemeinderat lieber eine Quelle in den Bergen anzapfen. Wieder ins Gespräch gebracht wurde deshalb ein Projekt, welches vor mehreren Jahrzehnten an einer Gemeindeversammlung Schiffbruch erlitten hatte. Damals wollte Silenen sein gesamtes Gemeindegebiet mit Trinkwasser aus dem Maderanertal versorgen.
Offen für weitere Lösungen«Dieses Projekt bringt im Moment zwar höhere Investitionen mit sich, könnte aber langfristig kostengünstiger betrieben werden», ist sich Daniel Müller sicher. Jedoch ist diese Lösung nicht von heute auf morgen zu realisieren. Zusammen mit der AlpTransit Gotthard AG ist der Gemeinderat deshalb offen für weitere Lösungen.
Bisher klar ist einzig: Die betroffenen Wassergenossenschaften von Silenen werden in den nächsten Wochen ihre Schadenersatzforderungen gegenüber der AlpTransit Gotthard AG auf juristischer Ebene geltend machen. «Nicht um zu streiten, sondern um Rechtssicherheit zu haben», erklärt Gemeinderatsmitglied Daniel Müller. Aus diesem Grund werden die Forderungen zusätzlich auch noch bei der eidgenössischen Schatzungskommission deponiert.
ATG sorgt für funktionalen ErsatzStefan Gielchen, Oberbauleiter Amsteg-Erstfeld bei der AlpTransit Gotthard AG, sieht in diesen Forderungen kein Problem. «Es ist unbestritten, dass der Tunnelbau Einfluss auf einzelne Quellen in Silenen hat.» Aus diesem Grund zeigt sich die AlpTransit Gotthard AG (ATG) auch sehr unbürokratisch. «In unserer kurzfristigen Planung stellen wir die Wasserversorgung einzelner Liegenschaften durch bauliche Massnahmen sofort wieder her. Egal ob es sich dabei um Ferienhäuser oder landwirtschaftliche Liegenschaften handelt.»
Mittelfristig will die ATG diese privaten Liegenschaften wieder dauerhaft an ein sicheres Versorgungsnetz anschliessen. «Für die Zukunft ist es der ATG ein Anliegen, die Wasserversorgung der Gemeinde Silenen wieder sicherzustellen. Dazu werden wir einen funktionalen Ersatz bieten», verspricht Stefan Gielchen. Ob dieser Ersatz die von der Gemeinde angestrebte Lösung sein wird, lässt der Oberbauleiter vorderhand aber noch offen. Abschliessend entscheiden will die AlpTransit Gotthard AG erst, wenn die beiden Tunnelröhren definitiv ausgebaut sind. «Dann wird klar sein, wie sich der Innenausbau auf die Quellen auswirkt und wie viel Wasser schliesslich den einzelnen Genossenschaften als funktionaler Ersatz geliefert werden muss.» Bis dahin trifft sich der Neat-Oberbauleiter in regelmässigen Sitzungen mit den Silener Gemeindebehörden und den betroffenen Wassergenossenschaften.
Daniel Regli